Wo bin ich?
Wo bin ich? Als ich meine Augen öffne, fühle ich mich fremd und orientierungslos. Ich drehe meinen Kopf. Neben mir schläft meine Schwester. Ich sehe, wie sich ihr Brustkorb langsam hebt und senkt. Dann fällt mein Blick auf das Fenster. Ich erkenne die Umrisse der Bäume, die vor unserem Haus immer weiter in die Höhe wachsen. Und langsam begreife ich, dass ich hier in dem Bett meiner Schwester liege. Zu Hause – an dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Merkwürdig. Vage fügen sich die Erinnerungen wie ein Puzzle zusammen. Ich bin nicht mehr im Allgäu. Als meine Schwester und ich gestern Abend spät angekommen sind, war ich zu müde, um die Koffer auszupacken. Ich war auch zu erschöpft, um viel zu reden. Und so bin ich gleich vom Auto ins Bett gefallen. Sieben Wochen – So lange ist es her, als ich das letzte Mal in diesem Haus aufgewacht bin. Erstaunlich, wie sehr sich mein Leben seitdem verändert hat – Wie sehr ICH mich seitdem verändert habe.
Wo gehöre ich hin?
Wo gehöre ich hin? Ich kann nichts dagegen tun – Die Traurigkeit schleicht sich kalt meine Wirbelsäule hinauf und bildet einen schmerzenden Kloß in meinem Hals. Als wäre das nicht genug, spannen sich meine Muskeln unangenehm an, während mein Nacken verkrampft. Mein Körper signalisiert mir klar und deutlich: Sarah, da ist etwas in Dir. Hör mir zu! Aber was ist los? Ich habe noch keine Lust mich damit zu beschäftigen und so drehe ich mich frustriert auf die Seite, um weiter zu schlafen.
Warst Du auch schon einmal so orientierungslos und hattest das Gefühl nicht zu wissen, wo Du hingehörst?
Seit einigen Tagen versuche ich den Nebel von Gefühlen in mir ein bisschen aufzulösen, um eine klarere Sicht auf das zu bekommen, was in mir brodelt. Ist es die Angst vor dem Unbekannten? Davor, was alles auf mich zukommt? Mache ich mir Sorgen um meine Zukunft? Zweifle ich an mir? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Der Nebel ist durchdringend und dick. Immer, wenn ich den Eindruck habe, ich hätte verstanden, was mich beschäftigt spielen meine Gefühle verrückt. Selten war ich so emotional und gereizt. Ich weiß, dass mir Umbruchsphasen im Leben immer schon schwergefallen sind. Jetzt grade schwebe ich wieder einmal zwischen den Welten. Hinter mir liegen viele Monate in Kliniken, in AirBnBs und zuletzt im Allgäu. Ich war eine Reisende auf der Suche -frei und ungebunden.
Vor mir liegt ein Umzug in meine erste eigene Wohnung, die ich mir mit meiner Schwester teilen werde. Ich habe mir vorgenommen neben meiner Ausbildung zum Life-Coach dem Studium, das ich wegen der Essstörung unterbrochen habe, noch eine Chance zu geben. Und ich möchte mir einen geregelten Neben-Job suchen. Obwohl ich mich noch immer als Suchende empfinde. Wo gehöre ich hin? Die Frage lässt mich nicht los.
Was mache ich daraus?
Ich merke, wie sich unter dem Nebel ein Sturm zusammenbraut. Zweifel und Sorgen fegen durch meinen Körper. Frust und Wut sorgen für Donnergrollen, während die Angst in Blitzen durch mich hindurch zuckt. Es gefällt mir nicht, nicht zu wissen was die Gefühle bedeuten. Ich habe sie noch nie so intensiv gespürt. Bisher habe ich sie allerdings auch noch nie zugelassen.
Gleichzeitig empfinde ich diese Situation auch als Geschenk. Die Ehrlichkeit, mit der ich mein Inneres spüre und darüber rede ist etwas ganz Neues für mich. Angst zu fühlen, bedeutet in keiner Weise schwach zu sein, wie ich bisher geglaubt habe. Angst ist menschlich. Jeder, mit dem ich über meine Sorgen und Gefühle spreche, kennt sie. Und kaum jemand von ihnen war noch nie unsicher. Es ist wichtig für mich, das zu begreifen: Meine Angst und meine Unsicherheit sind nichts Falsches. Sie sind ein natürlicher Teil von mir und dem Leben. Angst muss mich nicht lähmen. Sie ist nicht zu groß für mich. Ich kann, auch wenn ich Angst habe oder unsicher bin, weiter meinen Weg gehen. Und wenn mir der Weg nicht mehr gefällt, dann habe ich jederzeit die Möglichkeit den Kurs zu wechseln. Nichts ist für immer. Keine Entscheidung, Kein Gefühl. Und deswegen bin ich sicher: Auch der Nebel wird sich wieder lichten. Was sich dann zeigt, das werde ich sehen. Und auch damit werde ich umgehen können.

Ich hoffe Du kannst mit diesem kleinen Ausflug in meine derzeitige Gedankenwelt etwas anfangen. Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Mir hat es gutgetan, einfach mal ohne Plan drauf loszuschreiben – es passt grade sehr gut zu meinem Leben.
In diesem Sinne wünsche ich Dir von Herzen ganz viel Kraft und Alles Gute,
Deine Sarah
Liebe Sarah, ich habe mich ein wenig in deine Kraft-Reise eingelesen und bin voller Begeisterung für deine offene Art! Das ist eine schwierige Reise, die du auf dich nimmst und ich habe vollen Respekt vor deinem Mut! Du hast einen Weg gefunden, aus dem Dunkel ins Licht zu treten und das ist wundervoll! Die Art, wie du über deine Gefühle schreibst ist sehr persönlich und unheimlich inspirierend! Ich mag deinen Schreibstil aber noch viel bewundere ich, dass du deine Gefühle so gut einordnen kannst. Das ist so ein wichtiger Schritt zur Heilung!
Ich würde dich gerne weiter auf deiner Reise begleiten, denn ich kann noch so viel von dir lernen!
Wünsche dir viel Kraft, Kreativität und Ausdauer. Alles Gute!
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Liebe Johanna,
Ich habe mich so sehr über Deinen Kommentar gefreut. Vielen vielen Dank!!
Ich freue mich sehr, dass Du mich weiter begleiten und ja vielleicht auch ab und zu etwas austauschen möchtest…
Ganz liebe Grüße und auch von mir viel Kraft,
Deine Sarah
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